Tool #15: Fallbesprechung

Wofür?

Bei der Fallbesprechung handelt es sich um ein vielfach angewendetes und bewährtes Tool aus Otto Scharmers Theorie U (2020). Es kann sowohl als Gefäss für Kreativprozesse zum Einsatz kommen als auch als Hilfsmittel, um tägliche Führungsherausforderungen anzugehen und zu lösen. Die Methode beinhaltet einen Prozess der kollegialen Fallberatung, in dem Sie unter Gleichgestellten (Peers) einen geschützten Raum schaffen, aus dem heraus etwas Neues entsteht. In der Regel begeben Sie sich in eine Gruppe von vier bis fünf Personen, die Ihnen als Berater zur Verfügung stehen. In der Fallbesprechung greifen Sie auf die Intelligenz und die Erfahrung der Peers zu. Durch Resonanz, die aus dem Gespräch entsteht, eröffnen sich neue Zugangswege zu komplexen Fragen. Ein aus unserer Sicht besonderes Merkmal ist der Fokus auf Bilder und Metaphern, die oft eine erstaunliche Klarheit ermöglichen.

Beispiel

Der Kommunikationsleiter einer öffentlichen Behörde im Gesundheitswesen

steht vor der Herausforderung, interne Hürden beim Start der digitalen Transformation des Unternehmens zu überwinden. Er sieht für sich die Herausforderung, oft allein als Stürmer auf dem Fussballfeld zu agieren, ohne Rückhalt aus der eigenen Organisation. In der Fallbesprechung entstehen für ihn ein neues Bild und neue Möglichkeiten, da er aus der Rolle des Stürmers heraustreten und die Lage vom Rand des Spielfelds neu bewerten kann. Dadurch fällt es der Führungskraft leichter, neue Mitstreiter:innen im hinteren Spielfeld zu erkennen und ein neues

Team in der Organisation zu bilden, mit dem er die digitale Transformation in enger Zusammenarbeit und Kokreation angeht.

Worauf es ankommt

Fallbesprechungen sind Räume, in denen es in erster Linie auf die Qualität der Kommunikation ankommt. Ein aus unserer Sicht entscheidendes Prinzip besteht darin, die Stille im Laufe des Prozesses zu akzeptieren und sich aus dieser heraus Zeit zu nehmen, um Gefühle offenzulegen und neue Bilder und Metaphern entstehen zu lassen. Bilder und Metaphern geben Kraft und Klarheit, um auch scheinbar grosse Herausforderungen zu lösen und neu anzugehen.

Dazu ist es erforderlich, dass die Führungskraft als Fallgeber:in ein konkretes Anliegen mitbringt, mit dem sie unmittelbar konfrontiert ist.

Die teilnehmenden Fallberater:innen stehen in keinem hierarchischen Verhältnis zum/zur Fallgeber:in und hören aufmerksam zu. Ihre Aufgabe ist nicht, das Problem zu lösen, sondern auf die Bilder, Gefühle und Wahrnehmungen zu achten, die der Fall bei ihnen selbst auslöst.

Schritt für Schritt

Schritt 1 (2 Min.)

Bestimmen Sie eine:n Berater:in, die die Moderation übernimmt und auf den zeitlichen Ablauf achtet.

Schritt 2 (15 Min.)

Der/Die Fallgeber:in klärt seine/ihre Intention, indem er/sie auf folgende Fragen eingeht (die Fallberater:innen machen sich Notizen):

  • Welche zentrale Frage bzw. Herausforderung möchten Sie angehen?
  • Wie sehen andere Beteiligte möglicherweise die Situation?
  • Wie soll die Zukunft aussehen?
  • Was müssen Sie dazu loslassen – und in welchen Bereichen lernen Sie dazu?
  • Was brauchen Sie und wobei benötigen Sie Hilfe?

Schritt 3 (3 Min.)

Verbinden Sie sich in Stille mit dem, was Sie hören – und lassen Sie dabei Bilder, Metaphern und Gefühle entstehen.

Schritt 4 (10 Min.)

Jede:r Fallberater:in schildert die Bilder, Metaphern und Gefühle, die in der Stille oder beim Hören der Fallbeschreibung entstanden sind.

Schritt 5 (20 Min.)

Generativer Dialog (siehe Kapitel 3) darüber, wie die entstandenen Bilder, Metaphern und Gefühle einen neuen Blick auf die Herausforderung

ermöglichen und neue Wege für den/die Fallgeber:in eröffnen können. Es empfiehlt sich ein Ablauf nach dem «Ja, und …»-Muster, der jeweils nahtlos an die Vorredner anknüpft.

Schritt 6 (8 Min.)

Check-out, in dem Fallgeber:in und Fallberater:innen den Weg nach vorn reflektieren und Wertschätzung füreinander aussprechen.

Schritt 7 (2 Min.)

Notieren Sie die Haupterkenntnisse für sich persönlich.

Rahmenbedingungen

Dauer:     ca. 60 – 90 Minuten

Format:    virtuell per Videokonferenz oder persönlich in einem geeigneten Raum

Teilnehmende: ca. 4 – 5 der/dem Fallgeber:in gleichgestellte Personen; diese können von innerhalb oder ausserhalb der Organisation stammen

Weitere Informationen zum diesem und anderen Tools zur Bewältigung geschäftlicher Herausforderungen mit kommunikativen Mitteln finden Sie im Buch

«Kommunikation neu gedacht».

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