
«Können Sie uns den Projektplan für die KI-Lösung schicken?»
Ein KMU-Geschäftsführer fragte mich das letzte Woche. Sein Team war inspiriert vom Potenzial der KI. Er wünschte sich einen berechenbaren Fahrplan, etwas auf sicherem Terrain. Die Frage ist allzu verständlich. Sie wurzelt im Wunsch nach Sicherheit durch Planung.
Eine Antwort, die ich immer öfter gebe:
«Ich weiss es nicht.»
Darauf folgt oft einen Stirnrunzeln. Denn als Experte wird von mir ein detaillierter Plan erwartet. Aber mein wertvollstes Angebot ist derzeit meist: Wege zum Umgang mit Unsicherheit aufzuzeigen.
🎙️ Du hörst lieber? Hier eine kurze, KI-generierte Audio-Zusammenfassung dieser Ausgabe:
Agile KI-Strategie: VUCA-Fallen überwinden und vorspringen
Die Falle des grossen Plans
Warum? Weil in der heutigen KI-Landschaft jeder, der dir ein grosses, mehrjähriges Software-Projekt verkauft, dir einen Bärendienst erweist. Die Modelle von Google, OpenAI und Co. entwickeln sich im Wochenrhythmus weiter. Wir leben in einer VUCA-Welt – volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. An alten, starren Planungsmethoden festzuhalten, ist nicht mehr «auf Nummer sicher gehen», sondern das grösste Risiko überhaupt, wie auch Forbes kürzlich treffend beschrieb.
Bisher konnte man sich mit langfristigen Plänen vielleicht noch irgendwie durchmogeln. Doch das ist vorbei. Die Beschleunigung, insbesondere im KI-Bereich, ist heute so extrem, dass starre Planung schlicht nicht mehr funktioniert. Der erfolgreichste Ansatz ist, agil von einer Iteration zur nächsten zu surfen. Planung wird durch Experimentieren ersetzt. Statt auf die eine grosse Lösung zu warten, setzen wir viele kleine, schnelle Teillösungen um und lernen dabei kontinuierlich.
Wenn ein grosser Plan also der falsche Weg ist, was ist der richtige erste Schritt?
Der erste Schritt: Ein konkretes Problem lösen
Die Antwort ist: klein anfangen und ein echtes, drückendes Problem lösen.
Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Vor kurzem musste ich einen detaillierten Projektbericht für eine öffentlich geförderte Initiative erstellen. Eine Aufgabe, vor der ich mich regelrecht gefürchtet habe. Eine ganze Woche produktiver Zeit, die für Strategie und Kunden fehlte. Das war mein Schmerzpunkt. Also habe ich aufgehört, der «Report-Schreiber» zu sein und wurde zum «System-Bauer». Ich erstellte einen massgeschneiderten KI-Assistenten mit Google Gemini, fütterte ihn mit den relevanten Daten und gab ihm die Aufgabe, den Bericht zu entwerfen. Das Resultat: Aus einer Woche Arbeit wurden drei Stunden. Die gewonnene Zeit? Die haben wir sofort in die Planung eines Webinars für ein neues Produkt investiert – also direkt in umsatzfördernde Arbeit.
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Es ist das Ergebnis einer systematischen Methode. Einer Denkweise, die sich aus dem Sport für die Geschäftswelt adaptieren lässt.
Das System dahinter: Schluss mit «Junk Miles»
Ich habe für diese Art von Arbeit einen Begriff aus dem Radsport entlehnt: «Junk Miles». Das sind all die ermüdenden Alltagsroutinen – das «Business as Usual» –, die uns am Ende des Tages ausgelaugt zurücklassen, ohne uns wirklich vorangebracht zu haben. Um aus diesem Hamsterrad auszubrechen, braucht es eine bewusste Priorisierung. Es geht darum, drei klare Entscheidungen zu treffen:
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Was kann eine KI besser und schneller? Das geben wir ab.
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Was braucht unsere volle Konzentration und unser kritisches Denken? Dafür schaffen wir uns Zeit.
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Und alles dazwischen? Das stellen wir auf den Prüfstand: Braucht es das wirklich noch, oder ist es überholt und kann ersatzlos gestrichen werden?
Dieses Prinzip nennt sich im Sport «Polarized Training». Man verbringt die meiste Zeit in zwei Extremen und eliminiert die verschwenderische Mitte:
Zone 1: Radikal automatisieren (die «leichten Meilen»). Das sind all die wiederkehrenden, regelbasierten Aufgaben, die eine KI besser erledigen kann – wie das Beispiel mit dem Projektbericht zeigt. Das ist der wahre Hebel von KI: aufwendige, meist unbeliebte Aufgaben automatisieren, um Zeit für hochwertige Tätigkeiten zu schaffen.
Zone 3: Fokussierte Deep Work (die «harten Meilen»). Das ist die Arbeit, die den Unterschied macht: die Entwicklung der Unternehmensstrategie, das Mentoring von Schlüsselpersonen, das kreative Brainstorming für eine neue Dienstleistung. Hier fliesst die ganze Energie hin, die du in Zone 1 durch Automatisierung sparst.
Eliminiere Zone 2: Die «Junk Miles». Das ist der graue Mittelbereich, der Feind jeder Spitzenleistung. Die Meetings ohne klare Agenda, die Reports «fürs Protokoll». Hier musst du radikal hinterfragen und kürzen.
Dieser Wandel ist mehr als nur ein Effizienz-Hack. Es ist ein fundamentaler Mindset-Shift. Er erlaubt dir, selbstbewusst «Ich weiss es nicht» zu einem grossen, riskanten Plan zu sagen, weil du einen flexibleren, fokussierteren, agileren Weg kennst.
Der erste Schritt für dich und dein KMU ist daher immer derselbe: Identifiziere und eliminiere deine erste «Junk Mile».
Theorie ist gut, Praxis ist besser.
Deshalb möchte ich dich zu einem Anlass einladen. Wir veranstalten mit MMIND.ai unser erstes KI-Café: Ein Nachmittag voller Impulse für dein KMU.
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Wann: Mittwoch, 10. September 2025, 16:30 – 19:00 Uhr
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Wo: RUUF, Duxgass 55, 9494 Schaan, Liechtenstein
Was dich erwartet: Gemeinsam mit dem KMU-HSG stellen wir den neuen «Leitfaden Digitalisierung» vor. Noch wichtiger aber: Unternehmen aus Liechtenstein wie b_smart, sl.one, HSW AG, CSL Corporate Services und CFP Business Consulting zeigen ihre erfolgreich gemeisterten Digitalisierungs- und KI-Projekte und laden zum Erfahrungsaustausch von KMU zu KMU ein.
Die Plätze sind limitiert. Melde dich gleich hier kostenlos an und markiere dir den Termin in deinem Kalender.
P.S. Ich habe die Essenz der neuen, polarisierten Arbeitsweise grafisch zusammengefasst. Du kannst die Datei hier herunterladen und als Leitfaden für dich und dein Team nutzen, um eure erste «Junk Mile» zu finden und zu eliminieren: